Reflation: Von der Rohstoffinflation profitieren

Reflation
Kurzfristig, hohes Risiko
- Die globalen Inflationsraten halten sich nach wie vor in Grenzen, doch könnte die Kombination aus geld- und fiskalpolitischen Anreizen sowie weitverbreiteten Angebots-engpässen 2021 und darüber hinaus zu einem erheblichen Anstieg der Inflation führen.
- Die Rohstoffpreise haben bereits begonnen, diesen Druck widerzuspiegeln; wir glauben jedoch, dass wir uns noch am Anfang dieses neuen Bullenmarktzyklus für Rohstoffe befinden, mit weiteren Gewinnen in der Zukunft.
- Wir favorisieren Engagements in Industriemetallen wie Kupfer, Nickel und Zinn; Edelmetallen wie Silber und Platin; Inflationshedge-Produkten und globalen Bergbauunternehmen.
Am Beginn eines neuen Rohstoff-Superzyklus
Wie die linke Grafik oben zeigt, sind die mittelfristig erwarteten Inflationsraten in den USA gestiegen, da Marktteilnehmer das Risiko einer höheren US-Verbraucherinflation einzupreisen beginnen, angetrieben durch eine Kombination aus Konjunkturerholung plus inflationären Effekten durch Engpässe in Logistik, Halbleitern und Industriemetallen.
Die US-Notenbank (Fed) hat deutlich gemacht, dass sie ihre außergewöhnlich lockere Geldpolitik erst dann zurückfahren wird, wenn die Kerninflation über einen längeren Zeitraum über 2,5% liegt. Im Dezember 2020 lag der Kerndeflator für den persönlichen Verbrauch in den USA (die bevorzugte Inflationsmessgröße der Fed) mit nur 1,5% um 1% unter dieser Schwelle.
Historisch gesehen fielen steigende Inflationserwartungen in den USA mit einem deutlichen Anstieg der Rohstoffpreise zusammen. Bislang fiel die Rally des Refinitiv-Rohstoffindex seit 2020 relativ bescheiden aus. Niedrige Lagerbestände, fehlende Investitionen in neue Bergbauproduktion und eine steigende Nachfrage sind ein kopffreudiger Cocktail für Rohstoffe, insbesondere Industriemetalle wie Kupfer, Zinn, Aluminium und Nickel.
Der FTSE 30-jährige TIPS (Treasury Rate hedged) Index legte seit Ende März 2020 um 29% zu und zeigt die Vorteile einer Anlage in Produkte, die auf steigende US-Inflationserwartungen ausgerichtet sind.
Der prognostizierte enorme Anstieg der Ausgaben für Infrastruktur für erneuerbare Energien und Elektro-fahrzeuge ist ein zusätzlicher struktureller Wachstumstreiber für Kupfer, Lithium, Nickel, Aluminium und Zinn sowie Silber. Windräder und Solaranlagen sollten laut Weltbank das Wachstum bei Kupfer, Nickel, Aluminium, Zink und Silber um 250-300% bis 2050 antreiben.
Globale Bergbauunternehmen sind sehr gut aufgestellt, um von der Kombination aus steigender Nachfrage, niedrigen Lagerbeständen und eingeschränkter globaler Bergbauproduktion zu profitieren. Das normale Mantra in Rohstoffen ist: "Die Kur für hohe Preise sind hohe Preise", d. h. hohe Rohstoffpreise fördern Investitionen in neue Produktion, die das Angebot erhöhen und die Preise wieder nach unten treiben.
Im Vergleich zu früheren Rohstoffzyklen sehen wir heute eine deutlich stärker konsolidierte globale Bergbauindustrie, mit einer größeren Oligopolmacht in einer Reihe industrieller Rohstoffe wie Kupfer, Nickel, Zinn, Aluminium und Eisenerz. Globale Bergbaufirmen halten die aktuelle Produktion eher konstant und genießen eine steigende Rentabilität aus der wachsenden Lücke zwischen Verkaufspreisen und Produktionskosten, als Geld in Neuinvestitionen zu stecken. Dennoch bleibt der Sektor (STOXX Europe Basic Resources-Sektor) weit von den Kursspitzen der Jahre 2008 und 2011 entfernt, bietet sehr attraktive Bewertungen mit einem EV/EBITDA-Multiplikator von 6 und einer Dividendenrendite von fast 5% sowie ein geschätztes EBITDA-Wachstum von 54% für 2021. Er gehört damit zu unseren bevorzugten Aktiensektoren.
Eine neue Chance: Der Rohstoff-Rollertrag
- Die Laufzeitstruktur der Brent-Futures befindet sich nun in Backwardation (die Preise sinken mit steigenden Fälligkeitsterminen)
- Die rollierende Rendite der Brent Futures liegt über 8% pro Jahr
- Im Allgemeinen steigt der Rollertrag des Rohstoffkomplexes
- Rohstoffanleger sollten sowohl die Kursaussichten als auch die rollierenden Renditen berücksichtigen
Hohe Erträge aus Rohstoffen generieren
Die Brent-Preise sind seit dem 30 September um 40% auf mehr als 60 $ je Barrel gestiegen, was auf die Entscheidung der OPEC+ zurückzuführen ist, ihre Produktion zu beschränken, angeführt von Saudi-Arabien, das seine Produktion im Februar und März einseitig um 1 Mio. Barrel pro Tag senkte, wodurch sich die Produktionsbeschränkungen insgesamt auf 8,1 Mio. Barrel/Tag beliefen.
Angesichts enormer Überkapazitäten und der Fragilität des OPEC+ -Abkommens sehen wir für die kommenden Monaten kein großes Aufwärtspotenzial. Unsere Prognose für das 2. Halbjahr 2021 liegt bei $ 50-60/Barrel.
Für die kommenden Jahre sind wir jedoch aufgrund fehlender Investitionen in traditionelle Ölfelder seit dem Einbruch des Ölpreises Ende 2014 optimistischer gestimmt. Neue Investitionen werden schwieriger zu finanzieren sein, da ihre langfristige Rentabilität durch die Energiewende in Frage gestellt wird. Öl-Majors werden zudem einen Teil ihrer Investitionen in grüne Energie und Dekarbonisierung umschichten.
Was bedeutet das für Öl-ETFs? Kurzfristig ist der Brent überkauft und es besteht ein Korrekturrisiko. Was sollten Anleger tun? Dies ist keine einfache Frage, der kurzfristige Ausblick ist ungewiss, aber i) die mittelfristigen Aussichten sind vielversprechend und ii) die rollierende Rendite der Ölterminkontrakte liegt nun bei über 8% pro Jahr.
Im vergangenen Jahr gab es das gegenteilige Szenario: Die Terminpreise bewegten sich in einem starken Contango, was den Preis für das Rollen von Futures sehr teuer machte.
Backwardation: Tritt ein, wenn die Preise für die künftige Lieferung sinken, je länger die Laufzeit der Kontrakte
Contango ist das gegenteilige Szenario: Die Preise für künftige Lieferungen steigen je nach Laufzeit der Kontrakte.
Rolling yield: Rohstofffonds und ETFs investieren über den Terminmarkt, und da sie die Rohstoffe nicht übernehmen wollen, "rollen sie die Kontrakte", also verkaufen sie die Kontrakte, die kurz vor Fälligkeit stehen, um neue mit einer längeren Laufzeit zu kaufen. Wenn sie sie zu einem günstigeren Preis kaufen, machen sie einen Gewinn, wenn sich der Kontrakt der Fälligkeit nähert (sonst ändert sich nichts), haben sie eine positive rollierende Rendite. In einer Contango-Situation ist der Rollertrag negativ.
Die Endverbraucher sind in der Regel bereit, für die sofortige Lieferung einen höheren Preis zu zahlen. Wenn das Angebot eingeschränkt ist und die Nachfrage steigt, nimmt die Backwardation tendenziell zu. Überangebot führt tendenziell zu Contango.
Ein neuer Superzyklus für Rohstoffe würde höchstwahrscheinlich eine positive rollierende Rendite zusätzlich zur Preisentwicklung bedeuten.
Es ist möglich, die rollende Rendite der Rohstoffe zu nutzen, ohne eine direktionale Wette auf die Rohstoffe selbst einzugehen, und zwar über Fonds und ETFs, die die Kursrisiken absichern.